November 6, 2025

1566 Hochschulcampus Toni-Areal Zürich

1566 Hochschulcampus Toni-Areal Zürich

Ort:
Zürich, Schweiz

Projektphasen:
Wettbewerb 2006, 1. Preis; Realisierung 2010 – 2014

Bauherr:
Allreal Generalunternehmung AG,

Landschaftsarchitektur:
Studio Vulkan

Architektur:
EM2N Architekten

Bauingenieur:
Walt + Galmarini AG

Fotografie:
Daniela Valentini, Roland Bernath, Roland Tännler

Datails:

Ein Dachgarten zwischen Urbanität, Experiment und Zerfall

30 Meter über dem Boden von Zürich-West eröffnet sich ein Ort von bemerkenswerter Dichte, Urbanität und atmosphärischer Intensität: der Dachgarten der Zürcher Hochschule der Künste auf dem Gelände der ehemaligen Toni-Molkerei. In einem städtischen Kontext, der durch Verdichtung, technische Infrastrukturen und vertikale Bautypologien geprägt ist, ergänzt dieser Garten den raren Freiraum der Umgebung um eine hochgelegene, grüne Oase – konzipiert als Aufenthaltsraum für Studierende.

Umgeben von neu entstehenden Hochhäusern, technischen Aufbauten, Kaminen, Lichthöfen und Konzertsälen bildet der Garten eine eigenständige, fast surreal wirkende Welt. In seinem Inneren wachsen bepflanzte Holzkisten zu einer fragmentierten, pixelartigen Hügellandschaft heran – ein künstlich erzeugtes Terrain, das seine Stärke nicht aus Permanenz, sondern aus Wandel bezieht.

Dieser Dachpark steht exemplarisch für ein neues Verständnis urbaner Freiräume: Er ist ein Raum im Prozess – jedoch keiner des klassischen Wachstums, sondern des geplanten Zerfalls. Auf einer Fläche von 2.600 Quadratmetern entsteht eine hybride Dachlandschaft mit der Intimität eines individuellen Gartens, deren Gestaltung auf die Mechanismen von Auflösung und Transformation setzt. Ab dem letzten Tag der Bauarbeiten ist der Garten vollständig nutzbar – und zugleich offen für zukünftige Veränderungen.

Die gestapelten Holzkisten wurden über zwei Jahre hinweg mit einer auf den Standort abgestimmten Mischung aus Stauden, Kräutern und niedrig wachsenden Gehölzen – etwa Weiden – vorkultiviert. Mit der Zeit beginnen
die Kisten zu zerfallen; die Vegetation durchdringt die Struktur, vermischt sich, und die einst pixelartige Topografie transformiert sich zu einer weichen, zusammenhängenden Hügellandschaft. Sie bildet die notwendige Pflanzschicht, welche auf dem architektonisch bedingt dünnen Substrataufbau das Wachstum überhaupt erst ermöglicht.

Für die Terrassenbereiche wurden eigens entwickelte modulare Betonplatten entworfen, ergänzt durch organisch geformte Sitzelemente, die vereinzelt in die Gartenstruktur eingebettet sind. Die intensive und unmittelbare Nutzung durch Studierende, die limitierte Bodenhöhe, die Verfügbarkeit von Wasser sowie die kurze Realisierungszeit führten zu einem spezifischen Entwurf, der die Bedingungen des Ortes nicht nur berücksichtigt, sondern aktiv reflektiert und transformiert.

In der gestapelten Hügellandschaft – einer Symbiose aus Natürlichkeit und Künstlichkeit – spiegeln sich die räumlichen und funktionalen Bedingungen des Toni-Areals. Die vielfach beschworene Prozesshaftigkeit der Landschaftsarchitektur wird hier umgekehrt gedacht: Der gestalterische Prozess beginnt nicht mit dem Wachsen, sondern mit dem Vergehen – und eröffnet gerade dadurch neue narrative und räumliche Qualitäten.